Gut zu tun beim Räumungsverkauf


von Tageblatt-Redaktion

Der Nachbar im Hintergrund kauft den Nachbarn im Vordergrund.
Der Nachbar im Hintergrund kauft den Nachbarn im Vordergrund.

Hätte man bei Möbel-Kobalz in Brischko nur Möbel stehen, die Geschäftsführer Herbert Kobalz gut gefallen, sähe das Angebot sicher anders aus. Jedoch sagt der Senior-Chef: „Als Geschäftsmann müssen Sie Realist sein.“ Und das ist auch der Grund dafür, dass an den Möbeln derzeit diese weiß-roten Zettel hängen. „Räumungsverkauf wegen Geschäftsaufgabe“ steht darauf zu lesen und dann folgen zwei Zahlen, nämlich der eigentliche Preis sowie der Preis inklusive Rabatt.

Ende Mai wird Herbert Kobalz sein Möbelhaus an seinen bisherigen Nachbarn übergeben. Die Möbelproduzenten von Maja brauchen Platz, wollen sich wieder einmal erweitern. Schon vor sechs Jahren auf einer Möbelmesse kamen die Ikea-Lieferanten erstmals auf Kobalz zu, um Kaufinteresse zu bekunden. Schließlich kauften sie ihm vor knapp einem Jahr zunächst gut 24 000 Quadratmeter bisher unbebaute Fläche in Brischko ab. Nun geht es um weitere gut 15 000 Quadratmeter – mitsamt dem jetzigen Einrichtungsmarkt.

„Alles im Leben hat doch seine Zeit“, sagt Herbert Kobalz. Sein Möbelhaus hätte im Herbst seinen zwanzigsten Geburtstag feiern können. Nur war schon länger klar, dass es so wie bisher nicht weitergehen würde. Die rasante Abnahme der Bevölkerung, die immer noch relativ hohe Arbeitslosenquote, das schwache Einkommensniveau in der Region und auch der Verdrängungsdruck der großen Möbel-Ketten sorgten dafür, dass man bei Kobalz schon an einem neuen Konzept feilte. Der Seniorchef sagt ganz offen, dass er das Angebot von Maja in dieser Situation durchaus nicht als großes Unglück empfunden hat – im Gegenteil.

Immerhin ist er schon 62 Jahre alt, wollte ursprünglich schon früher kürzer treten. Doch dann starb Bruder und Mitgeschäftsführer Heinrich. Nun sind die Verhandlungen mit Maja abgeschlossen und der Räumungsverkauf läuft. „Naja, wären immer so viele Kunden da gewesen wie jetzt, hätten wir vermutlich nicht verkauft“, schmunzelt Herbert Kobalz. Seine Leute haben derzeit gut zu tun. Große Sorgen um die Belegschaft macht er sich nicht. Kobalz hat mit Maja abgesprochen, dass unter den benötigten 100 neuen Arbeitskräften auch Platz für seine 16 Angestellten sein wird – so sie denn wollen.

Doch natürlich wird auch etwas Wehmut dabei sein, wenn Ende Mai Schluss ist. Kobalz stand in Wittichenau seit 1829 für eine Gerberei, später für eine Sattlerei. Nach dem zweiten Weltkrieg kam dann die Polsterei dazu. Herbert Kobalz selbst hat 1978 in Keula als selbstständiger Polsterer angefangen. Nun wird er mehr Zeit für die Familie, fürs Rennrad sowie sein Reitpferd Mr. Ed haben. Außerdem gehört er drei Vereinen an. Unter anderem führt er den traditionsreichen Karnevalsverein.

Dennoch soll der Name Kobalz in der Geschäftswelt möglichst einen guten Klang behalten. Die Familie überlegt derzeit, was Juniorchef Sebastian in Zukunft tun soll. Die Gedanken gehen in Richtung Küchenstudio beziehungsweise Polster- und Spezial-Wohnmöbel. Nur eines ist klar: „Das wird mit Sicherheit nicht in Wittichenau sein“, sagt Vater Herbert. Standortfragen haben in der Möbelbranche über die Jahre an Bedeutung gewonnen. Für Hersteller wie Maja dagegen geht es auch um Größe. Und so passt die Sache schon. „Würden wir nicht verkaufen, könnte Maja nicht wie geplant wachsen“, sagt Herbert Kobalz, der Realist.



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