Grundlagenforschung im Neustädter Wald


von Tageblatt-Redaktion

Beate Lucke und Volkmar Zarach von der LMBV sowie Dr. Christian Hildmann vom Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften in Finsterwalde -von links nach rechts- setzten die Pilot-Anlage nahe Neustadt am Dienstag symbolisch in Betrieb.
Beate Lucke und Volkmar Zarach von der LMBV sowie Dr. Christian Hildmann vom Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften in Finsterwalde -von links nach rechts- setzten die Pilot-Anlage nahe Neustadt am Dienstag symbolisch in Betrieb.

Von Mirko Kolodziej

Wer als Kind gern mit Chemie-Baukästen experimentiert hat, hätte an dieser Apparatur sicherlich seine wahre Freude: Am Dienstag ist nahe Neustadt/Spree eine ziemlich aufwendige Versuchs-Anlage in Betrieb gegangen. Ihre Aufgabe: Sie soll dafür sorgen, aus dem Grundwasser, das hier einem Altarm der Spree zufließt, Eisen- und Sulfatverbindungen zu holen. So soll wenigstens auf hundert Metern Breite der Zufluss dieser mehr oder weniger schädlichen Stoffe in die Spree reduziert werden. Im Labor und bei einem kleineren Test am Scadodamm zwischen Partwitzer- und Sedlitzer See hat das gut geklappt. Hintergrund sind die Forderungen, die „Braune Spree“ etwas sauberer zu machen.

Nötig ist jede Menge Technik: Drei Brunnen holen das zuströmende Grundwasser nach oben. Mit einer ausgeklügelten Dosier-Apparatur wird dem Wasser dann Glycerin zugefügt. Dann braucht es 30 sogenannte Infiltrationslanzen, die gut zehn Meter in den Boden ragen und das Wasser zurück in den Untergrund drücken. Und weil das Ganze ein Pilot- und Demonstrationsvorhaben ist, gibt es auch noch jede Menge Überwachungstechnik im Boden auf den 300 Metern zwischen Infiltrationslanzen und Flusslauf. Beteiligt sind zudem Wissenschaftler. Die Sache kostet wohl fast eine Million Euro, aber Uwe Steinhuber vom zuständigen staatlichen Bergbausanierer LMBV sagt: „Wenn das hier gelingt, wäre es eine Möglichkeit, auch an anderen Stellen mit besonders hohen Eiseneinträgen eventuell solche Anlagen zu installieren.“ Es geht im Neustädter Wald also quasi um Grundlagenforschung.

Die wichtigsten Helfer dabei sind natürlich im Boden lebende Bakterien. Das Glycerin soll sie aktivieren und für ihre Vermehrung sorgen. Sie verarbeiten den darin enthaltenen Kohlenstoff und entziehen zur Gewinnung von Energie für den eigenen Stoffwechsel so dem Sulfat den Sauerstoff. Es wird so zu Sulfid, das sich wiederum mit dem Eisen im Wasser verbindet. Das Eisensulfid lagert sich im Boden ab und das Grundwasser fließt der Spree ohne seine vorherige Fracht zu. Man nennt so etwas Desulfurikation. Im kleineren Versuch am Scadodamm sind so 90 Prozent des Eisens und 40 Prozent des Sulfats gebunden worden. Spannender Unterschied für die Wissenschaftler: Dort befand man sich bisher auf Kippenboden. Der Wald bei Neustadt ist dagegen nie unter dem Bagger gewesen, höchstens unter diversen Panzerketten. Denn der Untergrundreaktor befindet sich praktischerweise auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes Oberlausitz. Die problemlose Kooperation mit der Bundeswehr wurde bei der symbolischen Inbetriebnahme am Dienstag mehrfach gelobt. Und da der Truppenübungsplatz als militärischer Sperrbereich normalerweise von niemandem betreten werden darf, ist der Großversuch entsprechend geschützt.

Den Standort der Anlage haben die LMBV und das Forschungsinstitut für Bergbaufolgelandschaften aus Finsterwalde ganz bewusst gewählt. Es handelt sich um eine Stelle innerhalb der ohnehin sehr eisenhaltigen Spreewitzer Rinne, an der sehr viel des Metalloxids in Richtung Spree geschwemmt wird – nämlich zwischen 400 und 500 Milligramm je Liter Grundwasser.

Freilich ist die Forschung nahe der Neustädter Ruhlmühle laut LMBV-Abteilungsleiter Volkmar Zarach nur ein Baustein in Sachen „Saubere Spree“. Das Staatsunternehmen plant zudem große Wasserbehandlungs-Anlagen sowohl im Altarm als auch am neuen Neustädter Entwässerungsgraben sowie auf dem Gelände der früheren Grubenwasserreiningungsanlage in Burgneudorf. Zudem wird schon in der nächsten Woche in Spreewitz am Zusammenfluss von Kleiner und Großer Spree ein Brunnenriegel gebaut, um Grundwasser von hier zur Behandlung nach Schwarze Pumpe zu bringen. Nächstes Jahr sollen weitere Brunnen in Burgneudorf folgen.



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