„Wir lassen uns nicht unterkriegen“


von Tageblatt-Redaktion

Ingrid Richter aus Dresden packte beim Einsatz am Südstrand des Knappensees fleißig mit zu.
Ingrid Richter aus Dresden packte beim Einsatz am Südstrand des Knappensees fleißig mit zu.

Von Andreas Kirschke

Hoffnung motivierte sie. „Der Knappensee ist unsere Liebe, unsere Leidenschaft, unsere Entspannung. Hier ist Gemeinschaft über viele Jahre gewachsen. Es sind vor allem die Menschen, mit denen ich mich stark verbunden fühle“, meinte Ingrid Richter (60) aus Dresden am Sonnabendmorgen. Am Südstrand nahe des Imbiss-Parkplatzes in Groß Särchen packte sie mit weit über 50 Mitstreitern fleißig zu. Der Verein Knappensee-rebellen e. V. und das Ehepaar Marlen & Rico Gläßer, Betreiber des Ferienparks Knappensee mit Zeltplatz Z 3 (drei Hektar), Sunshine-Park und Bootsverleih, riefen zum Einsatz auf.Zäh wucherndes Unkraut verschwand vom Strand. Kräftige Hände mähten weiträumig den Rasen. Viele Frauen pflegten die Rabatten. Weitere kehrten fleißig die Wege. Mittendrin half Ortsvorsteher Jens Kieschnick mit. Seit diesem Jahr ist er Bearbeiter Bergbau der Gemeinde Lohsa. „Wir versuchen weiter, eine Lösung zu finden“, versicherte er den von Umzug betroffenen Dauercampern die Unterstützung der Gemeinde. „Doch der Weg ist nicht mehr glatt, sondern steinig.“
Vor einem Jahr entstand die Bürgerinitiative Knappensee-Rebellen. Seit Januar wirkt sie fort als Verein. 70 Mitglieder gehören heute dazu. „Wir wollen das natürliche Umfeld des Knappensees erhalten. Er braucht eine langfristige Zukunftsperspektive“, meinte Werner Petrick (64) aus Bautzen, Vorsitzender des Vereins Knappensee-Rebellen. Am 28. Juli endet die Frist für alle Dauercamper, die bereits im alten Sperrbereich umgezogen sind. Ab 29. Juli gilt der neue Sperrbereich. Doch niemand, so Werner Petrick, weiß wirklich, woran er ist. Zur Bürgerversammlung kam nur die vage Zusicherung, dass Bergbausanierer LMBV und Oberbergamt eine Lösung suchen. „Diese Aussage nehmen wir nicht hin“, sagt Rico Gläßer, Mitgründer der Knappensee-Rebellen. „Die Allgemeinverfügung zum Sperrbereich hat noch keine Rechtskraft. Außerdem ist die LMBV noch nicht Eigentümer der Flächen.“ Der Verein und Familie Gläßer gingen jeweils gegen die Allgemeinverfügung des Oberbergamtes vom April in Widerspruch. Notfalls ziehen sie vor das Verwaltungsgericht Dresden. In zweiter Instanz ziehen sie weiter bis vor das Oberverwaltungsgericht Bautzen. „Wir brauchen genügend und sichere Standorte für die Dauercamper“, unterstrich Werner Petrick. „Wir brauchen die Möglichkeit zum Baden. Nur dann können wir die lange Sanierungszeit hier am See überstehen.“
500 000 Euro würde die Einrichtung einer Badestelle am Südstrand kosten. Das sind 0,5 Prozent der 100 Millionen Euro für die Gesamtsanierung des Sees. Fachleute, so die Aussage des Oberbergamtes, halten die Badestelle während der Sanierung für zu gefährlich. Außerdem sind die 500 000 Euro nicht Teil des Sanierungsbudgets. „Hier muss ganz klar ein politischer Beschluss gefasst werden. Hier steht das Wirtschaftsministerium in der Verantwortung“, meinte Rico Gläßer. „Die Strandöffnung ist eine Frage des politischen Willens. Für uns Betreiber des Ferienparks Knappensee wäre sie existenziell wichtig.“
Der Südstrand, so unterstrich er, wurde bereits vor drei Jahren mit leichter Rütteldruck-Technik verdichtet. Dabei wurde die Standsicherheit hergestellt. Seitdem gilt der Bereich als weitgehend sicher. Werner Petrick deutete auf eine kleine Anhöhe im See. „Das ist der Barschberg. Von dort bis zum Wettkampfturm sollte ein Bereich zum Baden freigegeben werden. Das wäre ein Bereich, der nicht zu tief liegt, und der technisch absicherbar ist“, sagte er und widersprach dem Oberbergamt. Baden, so meinte auch Jens Kieschnick, sollte in einem kleinen Bereich erlaubt sein. „Dies käme auch dem Hinterland zugute – den Pensionen, den Ferienhaus-Vermietern, dem Bäcker, dem Fleischer. Sie alle leben schließlich mit vom Knappensee.“
Ingrid Richter kommt mit ihrem Mann Gerd seit 34 Jahre als Dauercamperin auf den Zeltplatz Z 3. Im März mussten sie wegen des Sperrbereichs umziehen. Sie kauften einen anderen Wohnwagen im Innenbereich. Sie kauften die komplette Inneneinrichtung neu. „Mein Mann Gerd baute sogar einen kleinen Schuppen mit an. Er hat vier Wochen Jahresurlaub für den Wohnwagen geopfert“, so Ingrid Richter. „Im Mai kam die Nachricht, dass sich der Sperrzaun nochmals verschieben soll. Wir stehen wieder vor dem Aus… Von Entschädigung kam bislang kein Wort.“ Die Hoffnung auf eine Einigung und eine zügige Sanierung gibt sie dennoch nicht auf.
Ausharren und Durchalten wie sie wollen auch Beate Kuhne (56) aus Ebersbach sowie Ingrid (74) und Klaus Fritsche (75) aus Neukirch bei Bautzen. Letztere kamen 1956 erstmals an den Knappensee. „Damals noch mit der FDJ“, erzählen sie. „Seit 1957 kommen wir privat. Zuerst im selbst genähten Zelt, später mit einem großen Zelt, dann mit mobilem Wohnwagen. Seit 1984 haben wir einen festen Wohnwagen.“ Umziehen wollen die beiden nicht. Zu sehr ist ihnen die Natur, die Gemeinschaft ans Herz gewachsen. „Notfalls müssen sie uns hier raustragen.“ Beate Kuhne kam 1989 erstmals an den Knappensee. Damals kam sie noch mit Vorzelt und Wohnwagen. „Wir waren 14 Tage im Urlaub hier“, schildert sie. „Uns und den Kindern gefielt es so gut, dass wir bleiben wollten. Seitdem sind wir jedes Jahr hier. Der Knappensee bietet pure Natur. Er ist wie eine kleine Ostsee. Wie ein kleines Paradies. Unsere Kinder waren hier frei im Spielen. Die haben wir nur abends zum Essen gesehen... Wir Eltern genossen die Ruhe, die Entspannung und die Nähe zum Wasser.“ Vor drei Jahren zog Beate Kuhne erstmals innerhalb des Zeltplatzes Z 4 um. Im März musste sie wegen des Sperrbereichs umziehen. „Jetzt heißt es: wir sollen noch mal sieben Meter weiter zurück umziehen. Wer hat so etwas nur geplant?“ Zum Arbeitseinsatz freute sie sich über die große Gemeinschaft. Gerade deshalb packte sie tatkräftig zu. „Wir lassen uns nicht unterkriegen.“ Mit dem so regen Zuspruch zeigte sich auch Rico Gläßer am Ende hochzufrieden. Der Einsatz ermutigt zum Weiterkämpfen. „Die so starke Teilnahme gibt uns neuen Mut“, unterstrich er. „Sie stärkt uns, weiter für den Erhalt und die Zukunft des Knappensees zu kämpfen.“



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